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Segeln

Wenn eine Segelyacht unterwegs auf einem Törn einen Hafen anläuft, ist es wie immer: Am Kai und auf den benachbarten Schiffen gibt es viele Zuschauer. Sie beobachten das Anlegemanöver und genißen ihr ganz persönliches „Hafenkino“. Soweit nichts Besonderes, doch folgendes ruft ungläubiges Staunen hervor. Die Crew begibt sich an Land, mehrere Crewmitglieder sind mit einem Taststock bewaffnet und sind als blinde Mitsegler zu erkennen.

Müssen denn Blinde unbedingt segeln? Gibt es nicht andere Sportarten, die viel besser geeignet sind für sehgeschädigte Menschen?

Sport ist für die Lebensqualität aller Menschen grundsätzlich sehr förderlich.  Unbestritten ist zudem, dass gerade Segeln für blinde Menschen ein gutes Gleichgewichts-, Mobilitäts- und Orientierungstraining ist. Hinzu kommt die intensive sinnliche Wahrnehmung von Wasser, Wind und Wellen.

Wir vom  Krefelder Segelklub Bayer Uerdingen (SKBUe)  haben vor einigen Jahren damit begonnen, mit Unterstützung des DBHW, sehgeschädigten Menschen eine Segelausbildung zu ermöglichen. Sie lernen das Segeln auf einer Jolle somit „von der Pike auf“, bekommen ein Gefühl für Windrichtung und Stärke, für die Wellen und erlernen die Bedienung des Bootes. Mit Hilfsmitteln wie Modellbooten und akustischen Bojen wird die Technik des Segelsports begreif- und hörbar gemacht. Danach sind die Neu-Segler trotz ihrer Sehschädigung in der Lage, ein Segelboot nach dem Wind zu steuern und Manöver zu fahren; Voraussetzung ist, dass ein sehender Begleiter an Bord ist, der zum Beispiel Hindernisse ansagt.

Segeltörns auf der Ostsee und im Mittelmeer

Regelmäßig werden im SKBUe mehrtägige Segeltörns auf der Ostsee oder im Mittelmeer veranstaltet, an denen die blinden Segler mit großer Begeisterung teilnehmen. Die auf der Jolle erlernten Segelkenntnisse sind auch bei Törns mit größeren Yachten hilfreich – die sehgeschädigten Mitsegler fahren nicht nur einfach mit, sondern legen Wert darauf, dass sie dank ihrer Segelkenntnisse je nach Fähigkeit aktive Mitglieder der Crew sein und bei seemännischen Arbeiten mit anpacken können. Sogar das Steuern der Yacht ist mit Hilfe eines akustischen Kompasses möglich.

Für jeden von uns, ob sehend oder nichtsehend, ist ein Segeltörn aber nicht nur ein sportliches, sondern darüber hinaus immer ein besonderes touristisches und geselliges Erlebnis. Es werden verschiedene Häfen angesteuert und auf Landgängen fremde Städte und Inseln erkundet. Dies gemeinsam zu tun, ist für uns alle ohne Zweifel ein Gewinn – nennen wir es „angewandte  Inklusion“!  Und Vieles sehen wir als sehende Segler nun nicht nur sportlich, sondern auch menschlich mit ganz anderen Augen.

Birgit Kempkes (Mitglied beim Segelklub Bayer Uerdingen, der seit einigen Jahren blinde und sehbehinderte Mitsegler einbindet und regelmäßig Schnupperkurse für Jugendliche mit eingeschränkter Sehfähigkeit anbietet)

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