Geschichten

Inklusion an Kenias Küste

Auf den Spuren von Riziki und Mary – zwei blinden Lehrerinnen

Riziki und Mary sind auf dem Weg zur Schule. Beide sind Lehrerinnen, die 33-jährige Riziki in Sozialkunde und die 30-jährige Mary in Geschichte und Kisuaheli. Bis zur Anstellung in der Schule war es ein beschwerlicher Weg für die beiden.

Als Kinder von Eltern, die es nicht leicht hatten, da sie von Subsistenzwirtschaft und Gelegenheitsjobs leben mussten, war es besonders schwer mit der ihnen angeborenen Sehbehinderung aufzuwachsen. Die für sie geeignete Grundschule in Mombasa, über zwei Stunden Autofahrt vom Heimatort Malindi entfernt, war die einzige Chance in Kindertagen Bildung zu erfahren. Trotz der unsicheren Lebensverhältnisse schafften ihre Eltern es, mit viel Mühe und Kraft, die Schulgebühren und Fahrtkosten aufzubringen. Als die beiden älter wurden und die einzige Chance eine weiterführende Schule zu besuchen schwand, auf Grund deren Lage nördlich von Nairobi über zehn Autostunden von ihrer Heimat entfernt, kam die Rettung der beiden sehbehinderten Kinder in Form eines Förderzentrums in dem kleinen Küstenstädtchen Kilifi, knappe 40 Minuten von Malindi entfernt. Das vom Deutschen Blindenhilfswerk (DBHW) mit der kenianischen Partnerorganisation Salus Oculi Kenya (SOK) zusammen errichtete Förderzentrum für blinde und sehbehinderte Kinder bot den beiden eine vielseitige Chance.

Konzept Förderschule 

Mittlerweile ist es 15 Jahre her, dass sich das DBHW zum ersten Mal in Kenia engagierte, mit dem soeben erwähnten Förderzentrum. Zwei Jahre später folgten zwei Sekundarschulen, eine für Mädchen und eine für Jungen. Seitdem wurden sieben Schulen mit Hilfe der Unterstützer in ganz Kenia aufgebaut.  Das Ziel war und ist, dass Kinder, wie Rizki und Mary, in blindenspezifischen Fächern wie Blindenschrift oder Mobilitätstraining geschult werden und integrativ mit Mitschülern ohne Seheinschränkung zur Schule gehen. Auch heute besuchen über zwanzig blinde und sehbehinderte Kinder die Schule in Kilifi und erhalten die Möglichkeit für einen Schulabschluss und eine eigenständige Zukunft. In der Schule arbeitet sonderpädagogisches Personal, die Räume sind instandgehalten und die notwendigen Hilfsmittel fachgerecht gewartet.

2016 besuchte die Geschäftsführerin des DBHWs einige der Schulen und war sehr erfreut über den Fortschritt und die positive Resonanz. Mit viel Motivation kehrte sie zurück an ihren Arbeitsplatz in Deutschland, um mehr nachhaltige und langlebige Projekte in die Welt zu rufen, die anderen Menschen eine Perspektive und Hoffnung geben. Kofinanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) übernimmt das DBHW nur die Bau- und Investitionskosten. Die laufenden Ausgaben liegen bei der Schule und dem kenianischen Staat, der vorab versichert dauerhaft einen Sonderpädagogen zu positionieren und die Gehälter zu zahlen. Die kenianische Partnerorganisation bleibt mit den Schulen in Kontakt und berichtet regelmäßig ans DBHW nach Deutschland.  So bleibt das DBHW ein langjähriger unterstützender Partner.

Sieben Schulen reichen? Wir glauben nicht!

In vielen Regionen gibt es weiterhin hohen Bedarf. Blindheit und Sehbehinderung werden in Kenia, gerade in den ländlichen Gegenden, weiterhin als negatives Stigma gesehen. Da heißt es eher Betteln auf der Straße, als dass Geld für den Schulbesuch ausgegeben wird. Viele Menschen denken, dass Kinder ohne Sehkraft in Schule und Beruf nicht erfolgreich sein können und immer auf Hilfe und Mildtätigkeit anderer angewiesen sein werden. Umso wichtiger sind Sensibilisierungs- und Informationsangebote: Gerade erfolgreiche und selbstbewusste Frauen wie Riziki und Mary sind hier Vorbilder und Beispiele, dass blinde und sehbehinderten Menschen genauso wie sehenden Menschen viele Türen offen stehen.

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